Samstag, 27. Mai 2017

Einschlagen einer Autoscheibe zur Rettung eines Hundes



Wusstet Ihr eigentlich, dass sich ein Auto schon bei 20 Grad, selbst an bewölkten Tagen, bis zu 45 Grad im Inneren aufheizen kann?
Wenn man sich vorstellt, dass sich dann ein Kleinkind, ein Hund oder ein anderes Tier im Auto aufhalten muss, weil der verantwortliche Fahrzeugführer sie alleine zurückgelassen hat, dann sollte jedem Menschen klar sein, dass hier eine große Gefahr durch Überhitzung ausgeht.
Oft wird auch vergessen, dass man sein Auto im Schatten abstellt, aber nicht daran denkt, dass sich die Sonnenposition schnell verändern kann und dann das Auto in der prallen Sonne steht.

In diesem Beitrag möchte ich Euch darüber informieren, was Ihr tun könnt, wenn ihr feststellt, dass sich in einem Auto ein Hund befindet, dem es aufgrund der Hitze im Wageninneren sichtlich schlecht geht.

Da unsere Hunde ihre Körpertemperatur nur über die Zunge regulieren (hecheln) und nur an den Fußballen schwitzen können, ist es leicht festzustellen, ob es dem Hund gut geht oder nicht. Hechelt er stark und ist sehr unruhig oder im fortgeschrittenen Stadium apathisch auf dem Sitz liegt, dann ist höchste Eile geboten, etwas zu unternehmen. Es zählt nun jede Minute.

Klar, jeder denkt zuerst daran, die Scheibe des Fahrzeugs einzuschlagen. Darf ich das bei einem Hund sofort? Grundsätzlich ja, es sind nur ein paar Dinge dabei zu beachten!

Zunächst sollte man versuchen so schnell wie möglich den Fahrer des Fahrzeugs ausfindig zu machen. Ist dies nicht erfolgversprechend (z.B. weite Wege vom Parkplatz bis zum Kaufhaus, weitläufiger Badestrand, Waldrand etc.), dann ist der nächste Schritt, dass Ihr den Hund aus seine Notsituation befreien müsst.

Hier möchte ich kurz die deutsche Rechtsgrundlage für diese Maßnahme beleuchten:
Eine klare Rechtslage liegt vor, wenn es sich bei der beschriebenen Notsituation um einen Säugling oder ein Kleinkind handelt.
Wer in einer solchen Situation nicht handelt, macht sich gem. § 323c StGB (Strafgesetzbuch) der unterlassenen Hilfeleistung strafbar.
Bei der Rettung eines Hundes oder eines anderen Tieres ist es nach der geltenden Rechtslage ebenso geregelt, so dass jeder das Tier retten kann, ohne belangt zu werden. Es nur hier nur ein paar wichtige Regeln zu beachten.
Wer eine Fensterscheibe eines fremden Fahrzeugs einschlägt, macht sich einer Sachbeschädigung, gem. § 303 StGB, schuldig und kann zudem auch zivilrechtlich (§ 823 BGB) zum Schadensersatz herangezogen werden.
Hier steht jedoch der „rechtfertigende Notstand“, §34 StGB, gegenüber, der erlaubt, bei einer Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut, diese Gefahr durch geeignete Mittel abzuwehren. Unter diese Rechtsgüter fallen auch Tiere.
Ebenso trifft in diesen Situationen der § 228 BGB (Notstand) zu.

§ 303 StGB (Sachbeschädigung) lautet:

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
(3) Der Versuch ist strafbar.

§ 34 StGB (rechtfertigender Notstand) lautet:

„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“
Zivilrechtlich kommt Euch bei Eurem Einsatz das bürgerliche Gesetzbuch zu Hilfe.

§ 228 BGB (Notstand) lautet:

„Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet.“

Gegen den Hundehalter oder die verantwortliche Personen, die den Hund im Fahrzeug gelassen hat, trotz Wissen über die Gefahr für das Tier, besteht der dringende Tatverdacht der Tierquälerei, § 17 TierSchG (Tierschutzgesetz) im Raum. Man kann hier zumnindest von einer groben Fahrlässigkeit (Täter geht davon aus, dass schon nicht passieren wird, obwohl er die Gefahr erkannt hat).

§ 17 TierSchG  lautet:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt“.

Sollte die Befreiung des Hundes durch Einschlagen der Fensterscheibe vor Gericht enden, ist es wichtig zu beweisen, dass eine Notstandssituation vorlag. Hier müsst Ihr sichere beweisen können, dass das Einschlagen der Scheibe das mildeste Mittel war, um den Hund vor schweren körperlichen Schäden oder sogar dem Tod zu retten.

Nun ein paar Regeln, die Ihr beachten müsst, um rechtssicher zu handeln:

Zunächst ist es sehr wichtig, dass Ihr alle Möglichkeiten ausgeschöpft habt, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Dies kann z.B. sein, dass Ihr in den nahegelgenen Geschäften nach ihm sucht und auch das dort befindliche Personal nach ihm befragt (Beweis für Eure Unternehmungen). Versucht immer andere Passanten zur Mithilfe zu bewegen, damit Ihr das Verhalten des Hundes beobachten könnt, um bei sichtbarer gesundheitlicher Verschlechterung schnell tätig werden zu können.
Wenn innerhalb kurzer Zeit Eure Versuche scheitern, den Fahrzeugführer zu finden, dann könnt Ihr auch die Polizei unter 110 informieren. Diese werden Euch sicherlich sofort unterstützen (Halterfeststellung, Nachfrage beim Halter, Situation vor Ort besichtigen und Hund befreien, etc.).

Sollte sich jedoch der Hund bereits in einer lebensbedrohlichen Situation befinden und es nicht mehr möglich sein, das Eintreffen der Polizei abzuwarten, dann dürft Ihr, nachdem Ihr die Polizei über Notruf (110) verständigt habt, die Scheibe des Fahrzeug einschlagen.
WICHTIG: Unbedingt vorher überprüfen, ob eine Tür des Fahrzeugs nicht versperrt ist oder ein Fenster so weit offen steht, dass Ihr die Tür von innen öffnen könnt.
Bitte notiert Euch unbedingt, die Namen und Erreichbarkeiten von Passanten/Zeugen.

Was ist nun zu tun, wenn Ihr an den Hund herankommt?
Zunächst müsst Ihr ihm Wasser zum Trinken anbieten. Dies könnt Ihr schon im Vorfeld durch anwesende Personen besorgen lassen. Versucht in der gesamten Situation so viel wie möglich durch die anderen Passanten erledigen zu lassen. Sprecht diese Personen direkt an. Ihr werden sehen, das funktioniert hervorragend.
Versucht nun den Hund abzukühlen. Dies muss mit lauwarmen (niemals eiskaltem Wasser geschehen, da sonst ein Schock eintritt und erneut eine Labensgefahr heraufbeschworen wird). Feuchte Tücher um den Hund legen und um die Beine wickeln, damit erreicht Ihr eine schnelle Kühlung. Auswechseln nicht vergessen !
Hier noch einmal die wichtigsten Punkte, die Ihr beachten sollt, wenn Ihr einen Hund in einem überhitzten Auto vorfindet:

·         überprüfen, ob das Fahrzeug einfach geöffnet werden kann (nicht verschlossen, offenes Fenster)
·         versuchen, den Fahrzeugführer zu ermitteln
·         Notruf absetzen (Polizei 110)
·         Rettungsmaßnahmen durchführen, wenn das Warten auf die Polizei zu langen dauern wird (sagt Euch der Beamte am Notruftelefon!)
·         Fotos von der Situation machen (Handy)
·         Zeugen notieren
·         Schaden am Fahrzeug bei der Befreiung so gering wie möglich halten (Seitenscheibe einschlagen)
·         nach Möglichkeit nicht eine Scheibe in der Nähe des Hundes einschlagen (zusätzliche Verletzungsgefahr!)
·         Hund aus dem Fahrzeug holen und sofort mit den Rettungsmaßnahmen beginnen
·         nach Möglichkeit den Hund anleinen, damit, wenn er in Panik gerät, Ihr ihn unter Kontrolle habt

Ich hoffe und wünsche Euch, dass Ihr nie in eine solche Situation kommt. Wenn doch, dann bitte Ruhe bewahren und überlegt handeln.

Den Hunden wünsche ich immer umsichtige und verantwortungsbewusste Frauchen und Herrchen oder sonst verantwortliche Personen.

So werden wir alle den Sommer gut überstehen.

Euer
Dieter Karlowsky

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen